Erstellen von Zeichnungen
Idee und Umsetzung: Bernd Nothnick
bernd@modellbahnfrokler.de
Der folgende Artikel befasst sich mit dem Erstellen maßlich korrigierter
Bauskizzen unter der Berücksichtigung der Umsetzung ins Modell.
Eine bebilderte Anleitung findest Du hier: Eigenbauprojekt
Badischer gedeckter Wagen.

Bild 1:Zeichnung eines Gh 03. Für eine größere Darstellung bitte einfach
auf das Bild klicken.
Vorbemerkungen
Bei manchen Modellbahnern taucht früher oder später auch einmal
die Idee eines Modellumbaus oder gar kompletten Eigenbaus auf.
Dazu reichen Vorbildfotos nicht aus, man muß sich dazu irgendwie Skizzen und
Maßangaben besorgen.
Die meisten Modellbahner haben nicht die Zeit für umfangreiche
Recherchen in Museen oder Staatsarchiven. Es bleibt daher nur der
Weg über allgemein zugängliche Literatur oder das Internet. Auf der
Suche nach geeigneten Skizzen findet man meist verkleinerte Scans
bzw. Kopien von alten Originalvorlagen oder selbstgemachte, meist
relativ schwach detaillierte Skizzen mit ein paar Maßangaben.
Folgende Mängel sind fast immer anzutreffen:
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Ungenauigkeiten bei den Originalzeichnungen von damals. Oftmals
stimmt nicht nur der angegebene Maßstab nicht, sondern es gibt auch ein
Missverhältnis zwischen Länge und Höhe. Darüberhinaus werden manche
Bauteile oft nur schematisch dargestellt, wie z.B. Achshalter oder auch
Drehgestelle. Auch ist nicht jedes einzelne Teil bemaßt sowohl in Punkto
Dimension wie auch in der exakten Position.
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Weitere Ungenauigkeiten bei Kopien/Scans aus heutigen Publikationen.
Die Zeichnungen sind schief, gewellt oder falsch skaliert usw.
Das (wenige), was man im Internet zu sehen bekommt, ist aus Speicherplatzgründen
umformatiert mit allen damit verbundenen Ungenauigkeiten.
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Die Punkte 1 und 2 addieren sich in den Mängeln.
Einige der beschriebenen Mängel sind (mit Kompromissen) zu beseitigen.
Eines ist jedenfalls klar: Es reicht nicht aus, Skizzen nur in den passenden
Maßstab umzuskalieren! Es muß eine einigermaßen korrekte Zeichnung her!
Es stellt sich auch die Frage, welchen (zeitlichen) Aufwand man betreiben
möchte, und zwar sowohl bei der Erstellung einer korrekten Zeichnung als
auch bei der Umsetzung ins Modell. Diese Frage möge sich jeder selbst
stellen und beantworten!
Neben der traditionellen Zeichnerei mit Zirkel, Tusche und Lineal macht man
mittlerweile als Besitzer eines PC von dessen Möglichkeiten Gebrauch. Im
folgenden Abschnitt möchte ich meine Methode der Zeichnungserstellung an
einem PC mittels eines brauchbaren Grafikprogramms beschreiben.
Bedenkenswertes
Dazu hier noch ein paar Vorüberlegungen in Bezug auf die Umsetzung ins
Modell, die man schon bei der Zeichnungserstellung berücksichtigen sollte:
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In der Regel werden nicht alle Bauteile eines Modells selbst gebaut. Man
greift auf (Ersatz-) Teile der Modellhersteller zurück, beispielsweise auf
Kupplungskulissen, Radsätze oder auch ganze Fahrwerke. Weiß man schon
im Voraus, welchen Durchmesser und welche Achslänge der gewählte Rad-
satz hat, kann man das schon in der Zeichnung bei der Lage der Achshalter
und Bremsgestänge berücksichtigen und erspart sich spätere Probleme.
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Der Platzbedarf für Kupplungen / -kulissen muß bedacht werden
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Da die Eigenbau-Modelle ja mit den Industriemodellen kompatibel sein
sollen, müssen bestimmte Normmaße eingehalten werden. Ich denke da
an die Puffermittenhöhe oder den Kuppelabstand. Das sind Punkte, die nicht
nur von der Optik, sondern auch von der Funktionalität her eine Rolle spielen!
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Manche Bauteile wären bei maßstabsgerechter Ausführung zu zierlich und
würden leicht abbrechen. Außerdem könnten sie aufgrund ihrer Winzigkeit
die bastlerischen Möglichkeiten des Erbauers überfordern. Also diese anders
dimensionieren oder weglassen?
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Bastelmaterial wie PS-Platten oder Profile sind nicht immer in exakt passenden
Abmessungen erhältlich. Hierbei ist sicherlich die Akzeptanz einer Abweichung
von ein bis zwei Zehntel-Millimeter die einfachere Lösung im Vergleich zu der
mühsamen Anpassung auf das absolut exakte Maß. Insbesondere dann, wenn
diese Abweichung selbst einem geübten Auge nicht auffällt. Wer hier Skrupel
hat, möge einmal die Produkte der großen Modellbahnhersteller vermessen!
Wie gesagt, wer obengenannte Punkte schon bei der Bauzeichnung einbezieht,
erspart sich ärgerliche Überraschungen.
Nun aber zum eigentlichen Hauptthema, dem
Erstellen einer Skizze am heimischen PC
Gleich eine Überraschung vorneweg: Ich erstelle meine Bauzeichnungen nicht
mit einem CAD-Programm oder einem Vektor-Zeichenprogramm wie beispielsweise
COREL Draw, sondern einem Programm für Pixelgrafiken bzw. Fotobearbeitung
wie PHOTOSHOP oder (von mir verwendet) COREL Photopaint
(Photopaint ist ein Bestandteil von COREL Draw-Vollversionen).
Diese Pixelgrafiken bieten für meinen Geschmack mehr Möglichkeiten einer
weitergehenden Bearbeitung, die Skizzen können aber auch jederzeit mit
einem Vektorisierungsprogramm wie z.B. STREAMLINE in skalierbare Bilder
umgewandelt werden.
Voraussetzungen
Pixelgrafikprogramm mit integriertem Lineal sowie der Fähigkeit, das Bild
sowohl (pixelmäßig) in der Auflösung als auch bildgrößenmäßig (prozentual)
zu verändern. Diese Features bieten (außer ein paar Primitivprogrammen)
die gängigen Foto-Bearbeitungsprogramme.
Grundkenntnisse des Programms sollten vorhanden sein!
Alle Abspeicherungen im BMP-Format, unkomprimiert.
Jetzt geht’s aber los! Schritt für Schritt
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Ich öffne eine der OV (Scan/Kopie der Originalskizze in Graustufen).
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Ich ändere die Auflösung auf 254dpi unter Beibehaltung der OV-Bildgröße.
Bei dieser Auflösung entsprechen 10 Pixel einem Millimeter. Dadurch habe
ich einerseits das Bild dem metrischen System angepasst und kann die Maße
andererseits später bei der Reinzeichnung exakt in Zehntelmillimeter darstellen!
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Ich aktiviere die Linealfunktion.
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Ich suche mir auf der OV ein wichtiges Maß heraus wie z.B.Kastenlänge.
Gehen wir zur Verdeutlichung von 7,0 Metern aus. Das wären umgerechnet
in H0 80,5mm.
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Ich setze eine vertikale Hilfslinie an die linke Kastenstrebe.
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Ich setze eine horizontale Hilfslinie auf die Schienenoberkante.
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Ich setze den Nullpunkt des Lineals an die Kreuzung der Hilfslinien
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Ich setze eine zweite vertikale Hilfslinie auf 80,5mm des Lineals
Nun kann ich vergleichen, wo die rechte Kastenstrebe des Wagens
in Bezug auf die zweite Hilfslinie sitzt. Ich schätze grob ab, um wieviel Prozent
ich das Bild verkleinern oder vergrößern muß. Sagen wir mal 130%.
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Ich verändere die Bildgröße auf 130%.
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Ich setze Nullpunkt und Hilfslinien neu und vergleiche wieder.
In der Regel reichen 3 bis 4 Versuche, bis man den richtigen Faktor herausgefunden
hat. Wichtig Vor jedem weiteren Skalierversuch den letzten Vorgang wieder
rückgängig machen! Sonst leidet die Bildqualität zu sehr.
Stimmt die Kastenlänge mit der 80,5mm Hilfslinie überein, wird gespeichert.
Wir haben nun die Bildgröße zweidimensional so verändert, dass die Länge
stimmt. Auch alle anderen Bildbestandteile wurden in diesen Dimensionen
verändert, also auch die noch im Bild enthaltenen Fehler/ Maßabweichungen!
Wenn nun auch die Kastenhöhe mit dem ermittelten Maß übereinstimmt, hat
man Glück gehabt. In der Regel sind vor allem ältere Vorlagen gestreckt oder
gestaucht und es sind daher weitere Korrekturen in der Höhe notwendig.
Da das Längenmaß stimmt, kommen wir mit einer prozentualen Bildgrößenänderung
nicht weiter, es muß nur noch eindimensional verändert werden.
Ich lösche die vertikalen Hilfslinien und setze Nullpunkt und horizontale Hilfslinien
derart neu fest, dass die obere Hilfslinie auf Sollmaß Kastenhöhe liegt.
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Ich wähle das Grafikwerkzeug Rechteckmaske aus und umrahme den
Wagen damit so, daß der Rahmen ihn knapp außerhalb umfasst.
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Ich wandle die Maske in ein Objekt um (Objekt erstellen aus Vorlage).
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Ich ziehe die obere Objektlinie soweit nach oben oder unten, bis die
obere Wagenkastenkante mit der oberen Hilfslinie übereinstimmt.
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Ich fixiere das Objekt und speichere erneut das Bild im Jetztzustand.
Wir haben jetzt eine Skizze, die zwar immer noch etwas krumm und
schief sein mag, aber sie stimmt in den Hauptabmessungen!
Vor allem haben wir auch die unbemaßten Bestandteile der OV nun
einigermaßen größenkorrekt und lagerichtig im Maßstab H0 vor uns!
Die solchermaßen erstellte Skizze dient nun als Vorlage für unsere
Bauzeichnung.
Ich erkläre hiermit ausdrücklich, dass die Durchführung der von mir
hier beschriebenen Maßnahmen einen klitzekleinen Bruchteil der
Zeit erfordert, die für das Aufsetzen dieses Artikels erforderlich war!
Die Bauzeichnung
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Ich erstelle mir ein Arbeitsblatt.(ABl) Größe DIN A4, Farbe weiß, Auflösung
254dpi, Farbmodus (RGB oder CMYK), Querformat.
Dieses Arbeitsblatt wird einmal erstellt und leer abgespeichert.
Alle darauf erstellten Zeichnungen werden unter einem eigenen Namen
abgespeichert. Achtung: Automatische Zwischenspeicherung deaktivieren,
sonst speichert das System eventuelle Fehler mit ab! Wenn man das ABl
ohne speichern schließt und dann wieder öffnet, hat man wieder ein leeres
ABl zur Verfügung.
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Über die Funktion Importieren hole ich mir nun dreimal die gewünschte
Skizze.
Die erste kommt unten links in das ABl, die zweite oben rechts.
In Skizze eins setze ich nun alle nötigen vertikalen Hilfslinien, in Skizze zwei
die horizontalen Hilfslinien.
Skizze drei wird importiert und links oben derart
positioniert, daß sie exakt zwischen den Hilfslinien sitzt.
Ausschließlich die Skizze drei dient der weiteren grafischen Bearbeitung!
Mit einer anderen
Farbe (rot) erfolgt die Korrektur der OV-Skizze. Stimmige Bereiche der OV
werden maskiert und per Farbwechsel auf rot umgefärbt.
Wenn alles fertig
ist, wird alles Rote additiv maskiert, die Maske invertiert und alles Nichtrote
entfernt. Anschließend die Farbe rot durch schwarz ersetzt, das Bild unter
neuem Namen abgespeichert und auf Graustufen umformatiert.
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Für das genaue Darstellen von Maßen im Zehntelmillimeterbereich hilft beim
Reinzeichnen die 254dpi-Auflösung: Ein zehnfaches Aneinanderreihen des
Viereckpinsels in 10-Pixel-Größe ergibt beispielsweise eine gerade Linie
von 1mm Stärke und 10 mm Länge, jedes Pixel ist ein Zehntelmillimeter.
Damit das nicht ausartet, behelfe ich mir folgendermaßen:
Auf mein Arbeitsblatt habe ich mir eine Art optischer "Endmaße" abgelegt.
Mit besagtem 10-Pixel-Pinsel einfach Linien unterschiedlicher Farbe malen in
den Längen 1 / 2 / 5 / 10 / 20 / 30…mm.
Das muß nur einmal gemacht werden, da ja das ABl wieder verwendbar ist.
Mit dem Maskenpinsel „Zauberstab“ lassen sich diese markieren/kopieren und
auf diese Weise relativ einfach als Linien in die Zeichnung einfügen.
Mag jeder selbst entscheiden, welchen Aufwand er treiben will!
Sooo einfach ist das Alles ;-)
Meint
Bernd Nothnick


